stille Helden der DB

LOKKI

LOKKI 3/80 - Tietelbild

Die LOKKI Freunde

Als Eisenbahnerkind wohnte man oft in Eisenbahnersiedlungen. Es war nicht unüblich, daß die Eltern kein Auto hatten und bei vielen bedeutete Telefonanschluß zu haben einen BASA Apparat in der Wohnung stehen zu haben. Bei uns zu Hause kam zum Beispiel 1977 das Posttelefon. So und jetzt wächst man in diesem Umfeld auf und erreicht die Einschulung. Viele der Kinder in der Schule kennen das Umfeld nicht und für diese ist es unverständlich mit dem Zug in den Urlaub zu fahren. - Kein Telefon, kein Auto wie leben die denn?

Also was sagst du denn deinen Mitpimfen? Wie erklärst du denn das? Na da fragst du mal Mamma wenn du nach Hause kommst. Mammas Erklärungsversuche blieben Versuche. Doch dann kam Papa heim und brachte LOKKI. Die Zeitschrift die Eisenbahnkinder verstand. Hier wurde die Eisenbahnwelt richtig herum erklärt. Da wurde erklärt was ein TEEM ist, gezeigt was für ein Superding der Rangierbahnhof Maschen ist, wie ein Kursbuch entsteht, es gab Witze Poster und ein Preisrätsel und nicht zu vergessen Baselbuttons und die LOKKI Brieffreundschaften. Also das volle Rüstzeug um die Fragen der Mitpimpfe zu beantworten. Jetzt wußte keiner von denen was ein TEEM ist, und was ein Kursbuch ist werden einige der Mitpimpfe nie erfahren. Und wenn das keiner verstanden hat konnte man sich mit den Eisenbahnkinder oder LOKKI Brieffreundschaften unterhalten. - Man führte sich von LOKKI verstanden.

Familie Hastig und Familie Lustig (aus LOKKI 3/80)

Die fast wahre Geschichte von Familie Hastig und Familie Lustig. ..

Es waren einmal zwei Familien, Familie Hastig und Familie Lustig. Sie wohnten zusammen in einem Haus. Familie Hastig im Parterre, Familie Lustig obendrüber.

Familie Hastig war immer in Eile. Zuerst hetzte Vater Hastig zur Arbeit, dann rannten Tine und Theo zur Schule, und kurz darauf erledigte Mutter Hastig im Laufschritt ihre Einkäufe. Familie Hastig sah so aus, als käme sie immer zu spät. Warum, das wußte keiner.

Familie Lustig dagegen hatte die Ruhe weg. Möglich, daß sie deswegen so fröhlich war. Morgens hörte man Vater Lustig pfeifend die Treppe hinuntergehen. Bernd und Bienchen kicherten und alberten, wenn sie sich auf den Weg zu Schule machten. Mutter Lustig gang gerne laut, und selbst auf der Straße pflegte sie vor sich hin zu summen.

Natürlich gab es manchmal Ärger im Haus, wenn die Hastigs vor lauter Eile keine Zeit fanden, den Lustigs einen "schönen, guten Morgen" zu wünschen, oder wenn die Lustigs mit ihrer ewigen Munterkeit den Hastigs auf die Nerven fielen. Doch die Familien hatten sich aneinander gewöhnt und kamen einigermaßen miteinander aus.

In den großen Ferien wollten sie sogar gemeinsam miteinander verreisen. In die Holsteinische Schweiz sollte es gehen. Soweit war alles klar. Bis Vater Hastig sagte: "Hoffendlich schafft unser altes Auto diese lange Fahrt noch. Es ist nicht mehr das jüngste. Im Herbst müssen wir uns ein neues kaufen." Worauf Mutter Lustig aus allen Wolken fiel. "Wieso? Wir wollen doch nicht mit dem Auto fahren. Selbstverständlich reisen wir mit der Bahn." "Mit der Bahn?" wunderten sich die Hastigs. "Das ist aber furchtbar umständlich. Mit dem Auto geht's doch viel glatter, ohne Fahrkarte, ohne Kofferschleppen, ohne Umsteigen." "Ja, und man braucht nicht so gräßlich pünktlich auf dem Bahnsteig zu sein", freute sich Tine. "Manfährt einfach los, wie man gerade Laune hat."

Die Lustigs gaben zu, das sei ja alles ziemlich richtig, allerdings ganz richtig sei es nicht: "Sitzt man erst mal drin im Zug, dann hat man es dort viel gemütlicher als im Wagen. Die Bahnreise ist schon so ein Stückchen Urlaub im voraus, und zwar für die ganze Familie. Keiner muß anstrengende Chauffeurdienste übernehmen. Das erledigt der Lokführer. Und man hat das gute Gefühl, ohne unangenehme Zwischenfälle sicher ans Ziel zu kommen."

Reisefieber

Obwohl die Familie Lustig alle Vorzüge der Bahnfahrt aufzählte, die Hastigs wollten wollten sich einfach nicht überzeugen lassen. Die Lustigs ihrerseits wollten keinesfalls das Auto nehmen. So kam es, daß die beiden Familien denselben Urlaubsort auf verschiedenen Wegen ansteuerten. Die Familie Lustig bereitete sich auf ihre Reise im Zug vor, die Familie Hastig rüstete sich für die Autofahrt.

Ganz so reibungslos, wie es die Hastigs vorhergesagt hatten, lief die Sache mit ihrem alten Vehikel jedoch nicht. Es gab einige Laufereien, bis das hochbetagte Gefährt noch einmal für eine Urlaubsreise startklar war. Als Herr Lustig sich dann mit seinem Wagen zum Bahnhof machte, um die Koffer aufzugeben, konnte er sich nicht verkneifen, dem Nachbarn Hastig vor der Garage zuzurufen: "Na, mit einfach einsteigen ins Auto ist es wohl nichts geworden?" Vater Hastig antwortete mit beleidigtem Schweigen.

Am Tag vor der Abreise hatten Lustigs ihre Fahrkarte samt Platzkarten in der Teasche, um ihr Gepäck kümmerte sich bereits die Bahn, und so kosteten sie diesen ersten Ferientag voll aus. Abends halten sie den Hastigs beim Verstauen ihrer Habseligkeiten im Auto. Bernd Lustig sah etwas neidvoll auf Theo, der immer mehr Spielsachen heranschleppte: "Mensch, Mammi, der Theo darf sogar sein Schlauchboot mitnehmen." "Ja, Bernd", sagte seine Mutter, "aber wir fahren mit der Bahn."

Bernd muffelte noch eine Weile vor sich hin, Theos Schlauchboot ging im nicht so schnell aus dem Kopf. Doch am nächsten Morgen war er wieder völlig versöhnt mit seinem Schicksal, als es daranging, gemeinsam mit Bienchen, "seinen" Zug zu erforschen.

Hastigs lagen zu dieser Zeit noch in den Federn. Sie hatten ja keinen Zug zu versäumen. Und später, nachdem sie die ersten zweihundert Kilometer auf einer fast leeren Autobahn gut hinter sich hatten, da schüttelten sie die Köpfe über die törichten Lustigs: "Was die nur an der Bahn finden?" Je stärker dann aber der Verkehr wurde, desto ungemütlicher die Stimmung in der Benzinkutsche.  Theo und Tina wollten endlich anhalten und Eis essen. Mutter Hastig schmipfte, weil sie in der Aufregung ihre Handarbeit vergessen hatte, die sie doch unbedingt im Urlaub hatte fertigkriegen wollen. Vater hastig ärgerte sich darüber, daß er am Lenkrad heute nicht seine persönliche "Bestzeir" erreichte. Bis es Mutter Hastig endgültig zu bunt wurde: "Also, wenn wir so weitermachen, kommen wir heute völlig k.o. bei den Lustigs an. Die lachen sich dann ins Fäustchen über uns und unsere anstrengende Autotour." Die übrigen Hastigs mußten ihr zustimmen und gönnten sich dendlich eine Rast.

Wirbel um die Familie Hastig

Derweil hatte sich Familie Lustig in ihrem Abteil häuslich eingerichtet. Fau Lustig ließ sich von einer Nachbarin Reisetips geben, Bernd und Bienchen wetteiferten, wer am schnellsten die Namen der Orte herausbekäme, an denen sie vorbeifuhren, Vater Lustig hatte sich auf ein Bierchen im Quick-Pick-Wagen niedergelassen. Am späten Nachmittag. Am späten Nachmittag waren sie in Plön, ihrem Reiseziel. "Das war wirklich eine erholsame Fahrt", urteilte Vater Lustig. "Das einzig Störende war dieser Herrneben dir, der andauernd futtern mußte. Eine Nervensäge!" Bernd und Bienchenlachten: "Das war 'ne Marke." Sie zappelten ungedultig: Komm, Mammi, laß uns vorausgehen. Vielleicht warten Hastigs schon in der Pension, Papi kann mit dem Gepäck ja nachkommen." Nach kurzem Hin und Her entschied sich die Familie für diesen Vorschlag. Als Mutter und Kinder Lustig in der Pension ankamen, war von den Hastigs weit und breit keine Spur. "Na, das sieht ihnen ähnlich", lästerte Bienchen. "Sie sind wohl wieder in letzer Minute gestartet."

Die Familie machte einen Rundgang durch den Ort. Nach ihrer Rückkehr fanden sie noch immer  keine Hastigs vor. Erst kurz nach dem Abendessen alarmierte Bienchen die anderen: "Sie kommen!" Tatsächlich, da stiegen sie aus ihrem Wagen, einer nach dem anderen und etwas ramponiert, wie es schien. "Ein Reifen sit uns geplatzt. Wir haben Glück gehabt, daß nichts weiter passiert ist und wir schnell Hilfe bekamen. Aber alles in allem war's doch ein unerwarteter Aufenthalt. Zwei Stunden sind draufgegangen. Jetzt sind wir ziemlich erledigt." Das berichteten die Hastigs. Sie stauten einander blos an. Familie Hastig versuchte sich gegen den stummen Triumpf der anderen zu verteidigen: "Ja, ja, wir wissen schon, mit der bahn wäre uns das nicht passiert." "Mmmh", lächelten die Lustigs weise. "Trotzdem, wir bleiben doch lieber bei der Bahn."

LOKKI Preisausschreiben

Die Witze, Rätzelecke, Brieffreundschaften und ein Preisausschriben durften bei LOKKI nicht fehlen. 

  1. Wenn Ihr die "Streichholz-Buchstaben" in die richtige Reihenfolge bringt, ergeben sie einen Begriff aus dem Bahnbereich. 

Es jagte keiner einem misteriösem Geräusch im Radio nach wo man heute zehntausende von DM gewinnen kann, nein es gab realistische Gewinne von einer Sout-Schulmappe über einer Blockflöte, ein Werkkasten, ein Tierlexikon, ein Spiel, Deckfarben oder Poster. Sie beglückten bis zu hundert Gewinner je Ausgabe. Und LOKKI informierte einen persönlich über den Gewinn.

Die LOKKI Freunde heute

Ja wir sind älter geworden. Die LOKKI Freunde haben nun oft selbst Kinder. Die autolose Kindheit liegt fast vergessen hinter einem. Man selbst hat ein Wagen und zieht manchmal gedankenlos auf Hastigs Spuren durch den Alltag. Es ist wenig geblieben von der Welt der Familie Lustig. An den Quick-Pick mag sich kaum einer erinnern, TEEM fahren nicht mehr und die 103 ist kein Flagschiff mehr einer gemütlichen und entspannten Bundesbahn. 

So hat die nicht ganz wahre Geschichte der Hastigs und Lustigs eine verborgene Wahrheit in sich. Die Gelassenheit der Familie Lustig ist vielen fremd geworden. Es ist schick im Streß zu sein und Zeit, die hat man nicht. Alles soll perfekt sein in der heutigen Gesellschaft. Schönheit, Schnelligkeit und manchmal auch ein Arschloch sein wird von einem verlangt wenn man 'in' ist in einer Spaßgesellschaft. Da sollte man sich fragen wieso Familie Lustig denn überhaupt glücklich ist? 

Mir bleibt letztlich die Hoffnung, dass die einstigen LOKKI-Freunde sich dieser gelassenen Tugend der Familie Lustig im heutigen Alltag noch manchmal erinnern und sich so den wesentlichen Kern ihrer Jugend bewahren.