Bundesbahn 'Die DB der 80iger'

368 Herborn - Niederwalgern

Streckenchronik

Im Mai 1888 beschloß die preußische Regierung den Bau einer Stichbahn von Niederwalgern nach Weidenhausen. Die Arbeiten begannen 1890 und endeten mit der feierlichen Eröffnung am 12. Mai 1894. Im Juni 1896 besiegelte man den Weiterbau der Strecke. Am 15. Juli 1901 konnte der zweite Abschnitt von Weidenhausen nach Hartenrod in Betrieb genommen werden. Nach der Fertigstellung des Tunnels und der Talbrücke in Hartenrod konnte am 1. August 1902 der durchgehende Betrieb eröffnet werden.

In den letzten Kriegstagen des zweiten Weltkrieges sorgte ein überlanger Militärzug für Aufsehen an dem sonst ehrer bescheidenen Betriebsgeschehen. Die 'kostbare' Fracht waren V2-Raketen und ihre mobilen Abschußbasen, die aus dem Westerwald über Endbach nach Herborn gelangten und von dort in Richtung Osten in Sicherheit gebracht werden sollten. Nach einem Luftangriff durch amerikanische Jagtbomber erreichte die Einheit mit Müh und Not den Hartenroder Tunnel, wo sie bis zum Kriegsende verweilte.

Im Jahre 1971 endete der Einsatz von Dampflokomotiven auf der Strecke. Der Personenverkhr wurde zu jener Zeit von Schienenbussen 795 und 798 des Bw Gießen und Bw Siegen bewältigt. Zwecks Bedienung der KBS 366 verkehrten auch die Baureihen 211, 212 und 213 (ab 1972). Den Güterverkehr teilten sich die Fahrzeuge der Baureihen 211, 212 und 332/333. 1979 endete dann der Einsatz der einmotorigen VT 95.

Wie auf fast allen Strecken war auch auf der Aar-Salzböde-Bahn der Güterverkehr rückläufig. Im Personenverkehr erfolgte ebenfalls eine Reduzierung des Angebots. So ruhte ab dem Sommerfahrplan 1981 Samstags um 13.26 Uhr und Sonntag ganztägig der Verkehr. Montags bis Freitags blieb das Angebot mit 10 - 11 Zugpaaren weitgehend unverändert. Zu jener Zeit wurden die Gepäck-, Expreßgutabfertigung Niederwalgern, Gladenbach, Hartenrod und Herborn noch über die Schiene bedient.

Der Abwärtstrend hielt weiter an. 1982 müßte das Anschlußgleis des Steinbruchs in Hartenrod abgerissen werden. 1984 sank dann auch der letzte Stern im ehemaligen Betriebsmittelpunkt Gladenbach - Versuche einer erneuten Vermietung der Bahnhofsgastätte schlug fehl.

Zum Winterfahrplan 84/85 wurde der Güterverkehr wiefolgt abgewickelt:

1986 folgte der Rückbau der Kreuzungsanlagen in Weidenhausen, Burg und Herbornseelbach wurden auf Handbetrieb umgestellt und damit auch kreuzungsuntauglich. Im gleichen Jahr wurden etliche Gleisanlagen in Hartenrod zurückgebaut.

Mit der Stillegung der KBS 366 Dillenburg - Wallau zum 30.6.87 endete auch der Einsatz der Baureihe 213 zwischen Herborn und Niederwalgern. Die Fahrzeuge wurden vom Bw Gießen dem Bw Koblenz-Mosel zugeschrieben. Im Güterverkehr waren nun die Baureihe 212 von Gießen aus im Einsatz.

Im Mai 88 wurde der Gütertarifpunkt Hartenrod ausgelöst. Güterzüge von Gießen aus verkehrten damit nur noch bis Gladenbach. Auch im Personenverkehr ging die Zeit weiter an der Strecke vorbei. Der nur kurze Einsatz, der auf Einmannbetrieb umgerüsteten 798 (ab Januar '89 796), endete Ende 1989 wieder. - Man wollte die Unwirtschaftlichkeit der Strecke wohl nicht gefärden.

Den Schleier des vergessenen Stück Eisenbahn, irgendwo in Deutschland hat sie bis zum Ende der 80iger immerhin noch bewaren können. Aktraktive war die Reise längst nicht mehr. Die Fahrt wurde zum notwendigen Übel, für alle die über kein Auto verfügten. Die leeren Züge und der Charme vergangener Tage, die das fast zeitlose Geschehen an der Strecke Herborn - Niederwalgern ausmacht. Es fällt wirklich keinem auf, wenn hier kein Zug mehr fährt.

Streckenleben

Nehmen wir Samstag, den 18.November 89. Das dies das erste Wochenende nach Maueröffnung ist, schert das Zugperonal des N 7259 wenig. Vielmehr haben sie die Zugpause von 10.16 bis 11.38 genutzt, um in Herborn Dachrinnen einzukaufen. Klar da half Kollege Zf gerne, schießlich wäre die Pause sonst zu langweilig. Pünktlich um 11.38 verlassen wir knatternd Herborn und biegen nach kurzer Zeit die Hauptstrecke ab und mußten erst einmal einen Förster per Achtungspfiff aufmerksam machen, als ob der Schienenbus nicht zu hören wäre. Es war dann auch eher ein Pfiff, kurzer Gruß und dann eine Anekdote über den Förster, das Jagen und wieviele 'Fiescher' der Tf mit seinem Schienenbus schon abgeschossen hat. Wir fahren längs der B 255, wo heute starker LKW Verkehr herscht. Wehmütig erinnern sich die Kollegen an die alten Zeiten und das starke Güteraufkommen ... . Wie oft sich das die zwei Jungs schon erzählt haben?

Bei Bischofen verlassen wir das Aartal und nehmen die Steigung in Richtung Hartenroder Tunnel. Kurz vor erreichen von Hartenrod, dem Heimatbahnhof des Tf kündigt sich die frei Haus Lieferung der in Herborn gekauften Dachrinnen an. Der Schienenbus verringert die Fahrt und ein kurzer Pfiff für die Frau, die bereits auf dem Balkon wartet. Gemeinsam laden Tf und Zf aus und deponieren die Rinnen im Graben. "Laß liegen bis später! Wenn ich heim komme räume ich alles weg."

Nicht nur das Abfertigen des Zuges (bei mehr als 2 Fahrgästen: 'ferddisch', bei weniger: 'uuuund ab') auch Zugkeuzungen einleiten und das Abschließen der Empfangsgebäude wie in Bad Endbach zählen zur Aufgabe. Es ist eben alles möglich.

Gut gelaunt geht es weiter in Richtung Niederwalgern. Von den nicht vorhandenen Fahrgästen träumen die beiden weniger an diesem sonnigen Spätherbsttag. Vielmehr verarbeitet unser Tf die Dachrinnen schon gedanklich. Ob der Zf für's helfen noch auf einen Kaffee vorbeikommt, bleibt an diesen Samstag offen.

Phototips

Linkempfehlung

• Johann Schön: selbst Tf beim Bw Dillenburg zeigt Bilder von seiner Hausstrecke

Literatur

• Urs Kramer, Nebenbahn Niederwalgern - Herborn, Verlag Wolfgang Bleiweis, Schweinfurt 1994

© by Schupp, Villmar