Fahrzeugbeschreibung

798

Fahrzeugchronik

798 wartet in Herborn auf seinen nächsten EinsatzDer Schienenbus sollte die Vorteile eines Kraftwagens und eines Eisenbahnwagens vereinen. Bereits vor dem Krieg ließ die Deutsche Reichsbahn diese Idee in zahlreichen Varianten umsetzen. Der hohe Bedarf an neuen Fahrzeugen und die Unwirtschaftlichkeit dampfbespannter Nebenbahnverkehr führten nach dem Krieg rasch zu der Entwicklung von Schienenbussen, die den Verkehr auf den Nebenbahnen moderner und attraktiver gestalten sollten. Was ursprünglich als Übergangslösung gedacht war prägte schließlich eine Nachkreigsgeneration ländlicher Bahnfahrern. Bedingt durch die Zunahme des Individualverkehrs vorallem in ländlichen Regionen und der damit verbundene Streckenstillegungen waren Wirtschaftlichkeit und Rationalität mehr denn je gefragt. Der Schienenbus entwickelte sich zum Retter der Nebenbahn.

Der erfolgreichste und bekannteste Schienenbus stammte aus dem Hause Uerdinger. Zwischen 1950 und 1958 entstand der einmotorige Schienenbus VT95 (später 795). Ab 1953 ließ die DB eine leistungsstärkere zweimotorige Version entwickeln, die 1955 als VT98 (später 798) in Serie ging. Die Fahrzeuge besaßen zwei luftgekühlte 6-Zylinder-Büssing-Unterflurmotoren und normale Schraubenkupplung. Den Fahrzeugteil lieferten Uerdinger, MAN und WMD. Bis 1962 konnten insgesamt 328 Fahrzeuge in Dienst gestellt werden. 51 Fahrzeuge waren einer Einrichtung zum Befahren von Steilstrecken ausgerüstet.

Aufbau der Baureihe 798 der DB

Die Fahrzeuge waren ursprünglich für eine Lebensdauer von 20 Jahren ausgelegt. Ihre Ablösung ließ jedoch auf sich warten. So entwickelten sich die Fahrzeuge vom Nebenbahnretter zum Wahrzeichen der Nebenbahnen. Die Nebenbahn bei der DB ohne Schienenbusse - einfach schlecht vorstellbar.

Fahrzeugalltag

Ja ich weis, Eisenbahnfreunde sitzen in Schienenbussen vorne, hinter dem Fahrer da sie von dort die Fahrt besser erleben können. - Hoffentlich fährt der Steuerwagen nicht vorne... . Schienenbus heißt aber noch vieles mehr. Vom belebten Schülerzug über das verrauchte Steuerwagenabteil bis hin zu hochsommerlichen 50 C im Motorwagen. Alltag im Schienenbus ist jedoch von anderen Kleinigkeiten geprägt. Vergessen wir also das muffige Abort und gehen von einem mit Zf + Tf 'gut' besetztem 798 aus.798 am Detail - Anstrich 3.72

Schauen wir uns die Sitzhaltung des Zf an. Wer schon einmal auf dem Notsitz neben dem Fahrer gesessen hat weis, zu welcher bequemen Sitzposition man hier gezwungen wird. Rücken zur linken Außenseite, die Beine um den Zugbahnfunktkasten und die linke Hand am Fenster auf der Ablage. So hat man freien Blick auf Strecke, Fahrgastraum und Tf. Der Tf ein oft seit Jahren bekannter Kollege. Da fällt das Gespräch leicht auf die kleine Weltpolitik... . Ungemein komfortabler fällt da der Arbeitsplatz des Tf aus. Es fällt auf das mit zunehmender Vertiefung ins Gespräch die Haltung einen leicht rechtslastig wird. Natürlich handelte es sich hier um immer rein dienstliche Gespräche, sind die der 'anderen Art' mit Redeverbot belegt.
Seit nunmehr 100 Jahren werden im Hause Weck Einmachgläser produziert. Welche Hausfrau benutzt sie nicht um die Obst und Gemüse nach der Ernte einzu-weck-en? Zu einem solchen Einmachglas gehören auch Einmachgummis. Als findige Techniker behelfen sich Tf's oft mit einfachen Mitteln. Schnell und praktisch gehörte der Einmachgummi zum inoffiziellen Rüstzeug eines jeden Schienenbus Tf's. Natürlich nur für die Brotdose und nicht zum Lahmlegen der SIFA indem man ihn um den Fahrschalter wickelt.

Beheimatung

Tür 796 im DetailMit den werksneuen VT 98 9589, 9591 und 9593 kommen 1955 erstmals zweimotorige Schienenbusse ins Bw Gießen. Bis 1962 folgen weitere. Die Fahrzeuge sind auf allen Nebenbahnen im Raum Gießen zu finden. Auch auf den Hauptbahnen, vornehmlich Richtung Fulda und Koblenz verrichten sie Ihren Dienst. Im Februar 1974 gelangen alle 14 798-Einheiten zum Bw Limburg. Bereits im September 1975 sind sie wieder dem Bw Gießen zugeteilt. Mit der Auflösung der Bw's Fulda (1977) und Marburg (1983) werden die dort vorhandenen Schienenbusse erst als Außenstelle und später ganz dem Bw Gießen zugeschrieben. Bis 1989 konzentrierten sich in Gießen Fahrzeuge aus den Bw's Fulda, Marburg und Kassel. Mit der Auflösung der ETA Unterhaltung im Bw Limburg 1986 bedienten die Gießener Schienenbusse Nebenbahnen vom Taunus bis zum Rothaar und vom Rhein bis zur Fulda.

Die Unterhaltung von Schienenbussen im Bw Limburg begann im Februar 1974 und endete 1976. Die Fahrzeuge kamen aus den Bw's Gießen und Darmstadt und fuhren Einsätze im Westerwald und Taunus. Im September 1975 wurden die Fahrzeuge ans Bw Gießen abgegeben.

Im Bw Koblenz-Mosel waren keine Schienenbusse beheimatet.

Detaillierte Angaben zu den Beheimatung ist der Beheimatungsübersicht zu entnehmen.

Linkempfehlung

Literatur


© by Modellbahnbau & Beratung, Text: Thomas Schupp, Photos: Carl-Otto Ames